Ich fange jetzt einfach mal an und berichte als Erster von unserem Treffen bzw. meinem Kurzurlaub. Obwohl ich mich aufs Wesentliche beschränken wollte - und es gäbe tatsächlich viel mehr im Detail zu erzählen -, ist dieser Bericht trotzdem schon ziemlich lang geworden. Es werden bestimmt noch Gruppenfotos mit mir auftauchen, damit man sich meine beschriebenen Outfits auch besser vorstellen kann. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte, auch wenn das Bild noch so dilettantisch sein mag.
Donnerstag: Vorbereitung
Erst am sehr späten Donnerstagabend entschied ich mich spontan für eine Hotelbuchung, um nicht mehrmals zwischen Mainz und Frankfurt hin- und herpendeln zu müssen. Für meinen Trip von Freitag bis Dienstag entschloss ich mich, dass ich nur Röcke einpacken würde. Ich bin es zwar gewohnt, tage- oder sogar wochenlang nur Röcke zu tragen, aber es besteht immer die Möglichkeit eine Hose anzuziehen, weil sie im Kleiderschrank verfügbar sind. Es war auch tatsächlich mein erster hosenfreier Urlaub. Na ja, nicht ganz - nachts trug ich eine Schlafanzughose, aber die zählt meines Erachtens nicht!
Zur Vorbereitung lackierte ich meine Fingernägel abwechselnd in lila und pink, weswegen ich verstärkt auf diese Farben in der Kleiderwahl großen Wert legte, u.a. meine rosafarbenen Sneakers mit rotem Nike-Logo, die meine Outfits der nächsten Tage abrunden würden. Leider eigneten sie sich nicht für längere Strecken, sodass ich Blasen bekam, aber ich hatte - mangels Platz im Koffer - nur diese eingepackt, weil sie zu allen Outfits und meinem Nagellack passten.
Ich war mega gehypt auf das Treffen und gespannt auf die Menschen, die mir so vertraut und doch so fremd sind. Menschen, die ein Teil meines alltäglichen Lebens geworden sind, die aber trotzdem so weit weg von mir sind. Das Forum ist halt wie eine große Familie und wie es bei Familien eben so ist, gibt es Verwandte, die man mag und mit denen man sich gut versteht und es gibt Verwandte, die immer nur nörgeln und miesepetrig sind und von denen man froh ist, dass man sie erst nächstes Weihnachten wieder sehen muss. Spoiler: Beim Rocktreffen waren es ausschließlich Familien-, ähh.. Forenmitglieder der ersten Kategorie!
Freitag: Ankunft und Vortreffen
Anwesende: Skirtedman, JJSW + Frau, Yoshi
Gegen Mittag machte ich mich auf den Weg nach Mainz, was gar nicht so einfach war. Verspätungen und Zugausfälle führten zu überfüllten Bahnsteigen und Zügen. In meinem schwarzen Tellerrock fiel ich gar nicht auf, weil wir wie die Ölsardinen zusammengepfercht standen. Je näher ich Mainz kam, desto mehr bunt gekleidete Menschen sah ich im Zug. Es waren Angehörige der LGBT-Szene, die sich am Bahnhof für eine Demo trafen, die später auch an meinem nahe gelegenen Hotel vorbei lief, um "LGBTI+ für den Kommunismus" zu skandieren.
Auf dem Weg zum Hotel gab es dann doch eine Reaktion, die wohl mir galt. Eine Familie stand neben mir an der Ampel, ansonsten war weit und breit kein Mensch zu sehen. Als es grün war und ich vor ihnen lief, sagte der kleine Sohn: "Schau mal, der sieht lustig aus!" Vielleicht meinte er aber auch nur das Ampelmännchen, das in Mainz als Mainzelmännchen abgebildet ist.
Am Abend trafen wir uns in einem Restaurant. Ich hüpfte vorher nochmal in die Dusche und wechselte mein Outfit. Ein schwarzes Motivshirt mit einem vampirähnlichen Kawaii Goth Anime Girl mit lilafarbenen Haaren, großen Kulleraugen und pastellfarbener Kleidung. Der Maxirock war in rosa und endete unten mit einem breiten dicken pinken Streifen.
Auf dem Weg zum Restaurant gab es eine Reaktion, die wahrscheinlich mir galt. Ich lief an einer Bar vorbei, bei der draußen alle Plätze belegt waren. Ein junger Mann rief ganz laut über den Platz: "Boah, voll der Gaylord, Alter!" (Wer den Ausdruck nicht kennt: Im Englischen bezeichnet man damit den "Schwulsten unter den Schwulen", der sich besonders weiblich kleidet und verhält. Es heißt so viel wie: "Fürst der Schwulen" und wird im Deutschen meist mit "Homofürst" übersetzt.) Ich war so in mein Handy vertieft, womit ich Google Maps nutzte, um den Weg zu finden, wodurch ich weder aufschaute noch irgendeine Reaktion zeigte.
Auf dem Rückweg gab es eine ähnliche Reaktion mit ähnlichem Wortlaut, die diesmal eindeutig mir zuzuordnen war. Es waren viele junge Leute unterwegs, vor allem auch junge Männergruppen, viele mit Migrationshintergrund. Mein Hotel war zudem direkt gegenüber von einem Drogenhotspot in Mainz und die Grünanlage wird im Volksmund als "Haschwiese" bezeichnet. Kurz vor meinem Hotel liefen drei junge Männer mir entgegen und einer sagte nur: "Bäähh, das ist ja so ein richtiger Homo, Alter!" Die anderen beiden sagten nichts dazu und ich lief einfach weiter, als hätte ich das nicht gehört.
Samstag: Rocktreffen und CSD
Anwesende: Skirtedman, JJSW + Frau, Yoshi, farmersg + Monsterbändigerin, Wolkenkobold + Frau
Wir trafen uns morgens auf dem Marktfrühstück. Ich trug ein rosafarbenes Shirt mit Comic-Sprechblasen im Stile der alten Batman-Serie aus den 60ern und meinen rot-pinken Maxirock, der mit Motiven überladen ist, u.a. mit Herzen, Blumen, Tigern und dem Spruch "WHAT IS YOUR SUPER POWER TODAY?". Im Forum hatte dieses Outfit zu negativen Reaktionen geführt. Es wurde als "infantiles Faschingskostüm" bezeichnet, das nach "Kindergarten" aussieht, und ich wurde mit einer "alten, armen Bauersfrau" verglichen. Bei den Teilnehmenden sorgte dieser Rock hingegen für große Begeisterung und Komplimente. Außerdem war es genau das richtige Outfit für den anstehenden CSD!
Bevor ich jedoch den rot-pinken Rock anzog, hatte ich nochmal den schwarzen Tellerrock an. Auf dem Marktfrühstück war es eine Leichtigkeit die Röcke zu wechseln, weil man einfach reinschlupft, ihn über den anderen Rock anzieht und anschließend den anderen Rock unten durch rauszieht. Als ich noch den knielangen schwarzen Rock anhatte, stand plötzlich ein junger Mann vor mir, der sagte: "Weißt du, im Westerwald sagen wir ...(?) dazu." Ich verstand das Wort nicht, das wahrscheinlich aus dem rheinischen Dialekt stammte. Während er es sagte, fasste er meinen Rock an und versuchte ihn hochzuheben. Im Kindergarten bin ich es gewohnt, dass Kinder das versuchen und habe mittlerweile ein gutes Reaktionsvermögen, sodass es ihm misslang. Er sagte: "Ich komm halt aus dem Westerwald. Da machen wir das so." Ich weiß, dass die Rheinländer bei sowas eher lockerer sind und man beim Karneval entspannter beim Küssen und "Fummele" ist, aber ich empfand es schon als übergriffig und unangenehm. Für ihn als CSD-Teilnehmer hatte es wohl ein Karnevalsflair, sodass ich ihm keine Böswilligkeit unterstelle, aber ich kann Frauen nachempfinden, wenn sie sich dadurch belästigt fühlen.
Wir entschieden uns, dass wir am Mainzer CSD auch teilnehmen und mitlaufen wollen. Mehrere tausende Menschen in tollen Outfits waren daran beteiligt. Es gab auch einige Männer in Röcken, neben den Drag Queens auch Männer in Kilts, hippie-affinen Kleidern oder Tüllröcken. Für mich war es mein erster CSD, an dem ich aktiv teilnahm. Ich zähle mich auch zum erweiterten Kreis der queeren Szene. Schließlich mache ich ebenfalls diskriminierende Erfahrungen im Alltag, weil man mich als queer wahrnimmt. Wir brauchen mehr Akzeptanz für Menschen, die aus den typischen Genderrollen ausbrechen und das tun wir Rock tragenden Männer nun mal. Es war eine sehr gute Stimmung, der leichte Regen tat dieser auch keinen Abbruch. Man bekam interessierte und wohlwollende Blicke, aber keine irritierten oder despektierlichen. Es war wirklich schön, dass man einfach mal man selbst sein konnte ohne irgendwelche blöden Reaktionen. JJSW sorgte meines Erachtens für den Spruch des Jahres: "Endlich mal normale Leute hier!"
Anschließend gingen wir in ein Modegeschäft und einer unserer Teilnehmer probierte auch ein Abendkleid an. Die drei Verkäuferinnen waren sehr freundlich, hatten ihren Spaß mit uns und bedienten uns genauso, wie wenn sie eine Frau bedient hätten. Eine der Verkäuferinnen lobte meinen Rock, der ihr besonders gefiel, weil er so "schöne, kräftige Farben" hätte.
Abends gingen wir noch etwas Essen und anschließend in einer Bar etwas trinken. Beim Gang auf die Toilette lief ich an einem älteren Pärchen vorbei und der Herr sagte nur scherzhaft zu ihr: "Der weiß ja jetzt gar nicht, auf welche Toilette er gehen soll." Da es natürlich keine Unisex-Toilette gab, ging ich halt auf die Herrentoilette.
Auf dem Heimweg waren die Straßen wieder sehr belebt mit ähnlichen Klientel wie am Vorabend. Diesmal gab es keine blöden Sprüche. Kurz vor dem Hotel rief mir ein Mann zu: "Hallo?! ... Hallo?!" und stürmte dabei auf mich zu. "Tourist?", fragte er. "Wolle Marihuana?" Ich lehnte dankend ab und auch an den kommenden Tagen, egal zu welcher Uhrzeit, sprachen mich Dealer an. Mein Outfit war für sie völlig irrelevant. Für sie war ich ein potentieller Kunde, wie jeder andere Mensch auch.
Sonntag: Diebstahl, Kirche und Weinfest
Anwesende: Skirtedman, JJSW + Frau, Yoshi, farmersg + Monsterbändigerin
Beflügelt durch den großartigen Samstag hatte ich wieder richtig Lust auf etwas Ausgefallenes. Ich zog ein lilafarbenes Motivshirt an, worauf eine Nekomimi war. In der japanischen Kultur sind das niedliche Mädchen, die die Ohren und den Schwanz einer Katze haben. Sie hatte hellblaue Haare und trug auf dem Arm ein kleines niedliches Kätzchen. Dazu trug ich einen kurzen knalligen pinken Skaterrock.
Frühstücken waren wir direkt gegenüber vom Hauptbahnhof. Leider wurde einem unserer Teilnehmer seine Tasche geklaut, wodurch wir Kontakt mit der Polizei aufnahmen und anschließend vergebens Mülleimer in der Umgebung nach der Tasche absuchten. Die Polizei zeigte übrigens keine Reaktion auf unsere Kleidung. Auch mein pinker Rock führte im Allgemeinen zu weniger Blicken in der Öffentlichkeit als man vielleicht annehmen würde.
Nach einem Spaziergang durch die Innenstadt und dem Verweilen in einem Eiscafé gingen wir zu einer Kirche, um die dortigen Chagall-Fenster zu betrachten. Selbst dort gab es keine Probleme, weder die Besucher noch die Aufseher zeigten eine Reaktion. Ich persönlich wäre alleine niemals im Rock in eine Kirche gegangen, schon gar nicht in so einem knallig pinken. Übrigens hatte ich sogar noch nicht mal den kürzesten Minirock an, weil eine junge Frau mich langenmäßig unterbieten konnte.
Am Nachmittag ging ich mit Skirtedman zu einem Weinfest außerhalb von Mainz. Farmersg und Monsterbändigerin waren schon auf der Heimreise. Später stießen noch JJSW und Frau zu uns, die zwischenzeitlich eine kleine Pause in ihrer Unterkunft benötigten. Wir machten eine kleine Bootsfahrt über den Rhein und anschließend genossen wir Essen und Wein. Einige Bekannte von Skirtedman waren mit von der Partie.
Reaktionen gab es auch auf mein Outfit. Beim Fußweg zum Fest kam uns ein junger Teenager um die 17 Jahre entgegen, der sagte: "Hey, cooles Shirt!" Skirtedman fand es lustig, dass er auf mein Shirt reagierte, aber nicht auf den pinken Rock. Ich habe ja schon oft berichtet, dass mir das voll häufig passiert. Der Running Gag des Abends hieß dann: "Cooles Shirt, Yoshi!"
Ein kleiner Junge, vielleicht vier Jahre alt, erblickte mich auf dem Fest, schaute mich mit großen Augen an und öffnete weit seinen Mund. Dann drehte er sich zu seinem Vater um und sprach auf Englisch: "Hey, Dad! Woooowwww... look at him! He's so nice!" Dabei dachte ich mir, dass ich solchen Enthusiasmus auch manchmal bei Migrantenkindern wahrnehme. Bestimmt war ich schon in der Vergangenheit Auslöser für plötzliche Euphorie und wusste es mangels Sprachkenntnissen gar nicht.
Auf der Rückfahrt fuhr ich mit Skirtedman nach Mainz. Am Hauptbahnhof trennten sich unsere Wege. Als wir uns gerade verabschiedeten, lief ein Mädchen im Grundschulalter an der Hand ihrer Mutter an uns vorbei. Sie sah zuerst meinen Rock an, aber betrachtete im Vorbeigehen fasziniert mein Anime Girl auf dem Shirt. Die Mutter lief weiter und musste sie "hinterherziehen", weil ihre Tochter sich umdrehte und nicht mehr weiter laufen wollte, um mich weiterhin anschauen zu können.
Montag: Shopping und Abendessen
Anwesende: Skirtedman, JJSW + Frau, Yoshi
Am Montag hatte ich den Tag für mich, denn erst abends waren wir verabredet. Ich trug wieder den schwarzen Rock und ein rosafarbenes Shirt mit einer weinenden Frau, die im Pop Art-Style á la Roy Lichtenstein gezeichnet war. Das Shirt zog mal wieder mehr Blicke auf sich als der Rock. Bei meiner Shoppingtour schlenderte ich vor allem durch die Damenabteilungen.
Im New Yorker war ich fast nur mit jüngeren Frauen und Teenagern auf dem Stockwerk. Viele von ihnen trugen sogar noch eine Regenbogentasche vom CSD. Eine französische Schulklasse im Teenageralter war auch dort, inklusive einiger Jungen. Ich konnte dort ungestört stöbern und die Teenager machten mir eher Platz, wenn ich in die Nähe kam. Tja, in dem Alter ist man halt noch ziemlich unsicher und auch bei der Umkleide wurde ich freundlich von ihnen vorgelassen. Leider sind Röcke üblicherweise bei New Yorker nicht in meiner Größe erhältlich, allenfalls passen welche in XL mit dehnbaren Gummibünden. Dafür hatte ich umso mehr Glück bei den Damenoberteilen und konnte einiges an Hello Kitty ergattern.
Ich war auch noch in weiteren Geschäften, inklusive Anprobieren von Röcken, aber konnte nur noch bei H&M fündig werden. Eigentlich hätte ich sogar mehr kaufen können, aber die Warteschlange vor den Umkleiden war mir zu lang und die Verkäuferinnen kontrollierten jedes einzelne Stück, das man mit in die Kabine nahm. Ich hatte auf die lange Wartezeit keine Lust, hängte zwei Röcke zurück und nahm nur Kleidung von der ich erfahrungsgemäß weiß, dass die Größe passt. Tja, bin halt Stammkunde bei H&M und kenne die Größen sehr gut, wodurch ich zwei Miniröcke für mich mitnehmen konnte.
Bei meiner Shoppingtour lief ich sogar einem High Heel-Träger über den Weg und einem Rockträger, der mich sogar ansprach und meinen Namen kannte. Tja, es war der liebe Skirtedman, der zufällig durch die City musste.
Für das Abendessen zog ich mich nochmal um und wechselte auf einen roten Faltenminirock, dazu ein königsblaues Shirt mit einem Kawaii Goth-Fabelwesen, und zwar einer lilafarbenen Katze mit Fledermausflügeln. JJSW und Sonja holten mich ab und wir trafen uns mit Skirtedman und seinen Bekannten. Im Allgemeinen ging es bei unseren Treffen nicht nur um Röcke oder Mode. Natürlich tauchte das Thema immer mal wieder auf, aber wir hatten genügend anderen Gesprächsstoff, um uns nicht zu langweilen. Die Tage waren sehr entspannt, weil es wirklich angenehme, lebensfrohe und lustige Menschen waren, die ich gerne wiedersehen möchte. Von der Gruppenzusammenstellung hat einfach alles gepasst und insbesondere der Samstag in größerer Runde, wenngleich sie nicht allzu groß war, war mein persönliches Highlight. Es hat mich auch sehr gefreut, dass wirklich jeder von meinen Berichten schwärmte, vor allem aus meinem Kindergartenalltag. In letzter Zeit hatte ich sogar eher den Eindruck, das Thema sei "ausgelutscht", weil immer weniger Kommentare dazu kamen. Der Eindruck hatte mich also getäuscht.
Dienstag: Heimfahrt
Auf der Heimfahrt hatte ich durch die Shoppingtour vom Vortag mein Gepäck glatt mehr als verdoppelt. Ich trug wieder den schwarzen Tellerrock, den ich tatsächlich häufiger trug bei meiner Reise als ich es normalerweise mit Kleidung mache; dazu ein weißes Shirt mit einem Succubus-Mädchen, also einer Dämonin im Anime-Stil mit großen Kulleraugen, pinken Haaren, schwarzen Hörnern und einem schüchternen Gesichtsausdruck sowie kleinen roten Kreisen auf der Wange, die für Schamesröte stehen sollen. Sie war umgeben von schwarzen Fledermäusen.
Als ich in meine überfüllte Regionalbahn einsteigen wollte und wir im Reißverschlussverfahren durch die Tür gingen, wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Danach blickte ich auf und sah wie mich ein junger Teenager, vielleicht 19 Jahre alt, entgeistert anschaute. Er blickte mich irritiert von seinem Sitzplatz durch die Scheibe an, wahrscheinlich hatte er meinen lila und pinken Nagellack gesehen, als ich mir über die Stirn wischte. Dann wanderte sein Blick hinunter auf mein Anime-Shirt und die Irritation wurde sichtlich größer. Meinen Rock konnte er nicht sehen, weil ich das Gepäck vor mir hielt, um das schwere Gepäck mit beiden Armen tragen zu können. Er stupste seinen Nachbarn an und zeigte mit dem Finger auf mich. Sein Kumpel schaute in die falsche Richtung, weswegen er wild in meine Richtung gestikulierte und auf mein Shirt deutete. Der andere sah mich daraufhin ebenfalls an, aber schien unbeeindruckt. Der Junge, der mich entdeckte hatte, schien es dafür aber umso mehr zu amüsieren. Er lachte laut los, sagte irgendwas, krümmte sich vor Lachen, sah dabei seinen Kumpel an, der nur lächelte und hatte wohl den Spaß seines Lebens. Mich hat sein Verhalten nicht geärgert und es war mir nicht peinlich. Es hat mich eher verwundert, weil er wie ein junger, cleverer Abiturient aussah, der alles von seinen reichen Eltern in den A... geschoben bekommt. Von so einem jungen Mann hätte ich mir mehr Grips erwartet.
Fazit:
In Mainz reagieren die Leute nicht anders als in Frankfurt oder anderswo. Durch den CSD fiel man gar nicht so sehr auf, wie an anderen Tagen, aber auch da konnte man Reaktionen außerhalb der Veranstaltung wahrnehmen. Für mich war es interessant, wie Leute auf andere Rockträger reagieren, weil das meist nur aus der Ferne oder hinter dem Rücken geschah. Die Betrachter ahnten nicht, dass sie ebenfalls von einem zweiten Rockträger beobachtet werden. Es waren die bekannten Blickschemata, die wir hier schon zuhauf besprochen haben. Ich konnte auch einige interessierte, erfreute und begeisterte Blicke wahrnehmen. Es ist wie überall und jederzeit alles an Reaktionen und Nichtreaktionen dabei gewesen.
Wie man beispielhaft aus meinen Berichten wahrnehmen kann, ist Lob und Spott auch Teil meines alltäglichen Lebens geworden. Es gibt Leute, die das feiern und mir Komplimente geben und halt auch Leute, die das ablehnen und blöde Kommentare absondern oder lachen. Letztendlich sollte man sich von den positiven Reaktionen leiten lassen und wenn man bedenkt, dass ich sehr viel pink und rosa trug sowie klassische Girlie-Shirts, dann sind die negativen Reaktionen für fünf Tage doch recht überschaubar.
Liebe Grüße
Yoshi