Seit 5 Monaten habe ich Gelnägel und bekomme deswegen eigentlich recht wenig Resonanz. Aber unter diesen wenigen war halt schon die Frage nach Transgender (da hatte ich auch einen Rock an) oder ob ich Schwul sei. Von Frauen kommen ansonsten eher positive (steht Dir, geflegte Hände usw.) und von Männern unverständnis.
Aber die meisten sehen es und sagen nix oder sehen es nichtmal. Trage sie aber noch sehr dezent.
Ich habe zwar keine Gelnägel, aber lasse meine Naturnägel länger wachsen und lackiere sie in allen möglichen Farben. Bisher hörte ich nur einmal einen negativen Kommentar und das war von meiner Mutter: "Wieso machst du dir die Nägel? Das ist doch schwul. Das machen nur Schwule." Lackierte Nägel fallen meiner Erfahrung nach nicht so stark auf wie ein Rock, aber wenn sie in Kombination auffallen, dann ist die Irritation beim Gegenüber noch größer.
Es gibt Studien, dass Menschen die selber ihre Homosexualität bzw. Transidentität verstecken oder unterdrücken, sich oftmals besonders queerfeindlich äußern, um von ihrer eigenen Queerness abzulenken. Ich habe mal ein Interview von einer Transfrau gesehen, die meinte, sie wäre vor der Transition sehr transphob aufgetreten, weil sie neidisch war auf die Transfrauen, die diesen Schritt bereits gegangen sind. Zudem gibt es genügend Pressemeldungen, in denen homophobe Prominente (z. B. evangelikale Prediger oder rechtsextreme Politiker) mit Callboys erwischt wurden oder ein Doppelleben mit einem Mann führten. In Deutschland haben wir ja mit der AfD-Politikerin Alice Weidel auch eine lesbische Frau, die gegen LGBT Stimmung macht. Des Weiteren starb letztes Jahr ein Transmann nach dem CSD in Münster an den Folgen von Gewalt. Im Prozess stellte sich heraus, dass der Täter homosexuell war. Seine Familie erhielt einen Anruf, er sei homosexuell. Er versuchte das zu vertuschen und ging mit seinen Kumpels auf den CSD, um die Teilnehmer*innen homophob zu beleidigen und schlug dann den Transmann nieder. Ich habe auch mal von einer Studie gelesen, da haben die den Probanden Fragebögen ausgehändigt zum Thema "Homosexualität" und ihnen danach Hetero- und Schwulenpornos gezeigt. Erstaunlich viele, die als eindeutig homophob eingestuft wurden, schauten bei Schwulenpornos länger hin und bekamen häufiger Erektionen als die Probanden, die sich positiv oder neutral zur Homosexualität äußerten.
Seitdem ich dies weiß, frage ich mich bei Anfeindungen immer, ob der- bzw. diejenige vielleicht latent homosexuell oder transident sein könnte. Trifft natürlich nicht immer zu, aber dieses Phänomen scheint recht häufig zu sein. Es ist oft einfach nur der Neid, weil wir uns was trauen, was diese Person auch gern machen würde, aber dazu nicht den Mumm hat.