Und gestatte mir, diesem Satz eine leicht andere Aussage zu geben:
Aber 100 Trickdiebe, die per RFID oder NFC ahnungslosen Passanten deren Geld von der Geldkarte kontaktlos abbuchen, auf 200.000 Einwohner ist eben eine marginale Minderheit, für die es keine großflächige Fahndung braucht.
In beiden Fällen schaden 100 Trickdiebe 200.000 Einwohnern und nicht umgekehrt. Wegen 100 Patienten, werden 200.000 Einwohner in ihren Grundrechten und Existenzgrundlage beschnitten. Mein Szenario ist natürlich auf eine fassbare Zahl runtergebrachten und lässt sich mit Straßenräubern nicht vergleichen.
Kennst du das Trolley Problem?
Eine Straßenbahn rast ungebremst auf eine fünfköpfige Gruppe von Gleisbauarbeitern zu. Der Weichensteller könnte den Zug auf ein Nebengleis umleiten, auf dem nur ein Mensch arbeitet. Soll er einen Menschen opfern, um fünf andere zu retten?
Neben der Möglichkeit, den Bauarbeiter auf dem Nebengleis durch Umstellen der Weiche sterben zu lassen enthält es noch zwei weitere Varianten: Im zweiten Setting, dem sogenannten Loop-Szenario, führt das Nebengleis später wieder zum Hauptgleis zurück, auf dem die fünf Bauarbeiter stehen. Durch das Umstellen der Weiche stirbt der Mann auf dem Nebengleis, doch sein Körper verhindert, dass der Waggon auf das Hauptgleis zurückrollt und die fünf anderen tötet. Im Unterschied zum ersten Szenario wird der Tod des einzelnen Menschen hierbei nicht nur in Kauf genommen, sondern sein Körper wird gezielt als Bremsklotz eingesetzt, um die Gruppe der Bauarbeiter zu retten.
In dem dritten Szenario führt eine Brücke über die Gleise. Die fünf Bauarbeiter können nur vor der heranrasenden Straßenbahn gerettet werden, wenn ein Mensch von der Brücke auf die Gleise gestoßen wird. Sein Körper blockiert den Zug. Auch in diesem sogenannten Footbridge-Szenario ist der Tod des Einzelnen notwendig für die Rettung der anderen.
In Deutschland würden ähnlich wie in den meisten westlichen Ländern 82% den einzelnen Menschen sterben lassen, um die Gruppe zu retten. Nach Einschätzung der Studienautoren ist die Bereitschaft, einen Menschen zu opfern, in Ländern geringer, in denen man außerhalb von Familie oder Beruf nur schwierig neue Beziehungen knüpfen kann. Die Forscher nehmen an, dass Menschen davor zurückschrecken, kontroverse und unpopuläre Entscheidungen zu treffen, weil sie Angst davor haben, ihre aktuellen Beziehungen zu verlieren. Die Menschen befürchten, dass sie als 'Monster' wahrgenommen werden könnten, wenn sie bereit sind, das Leben eines Menschen für das Allgemeinwohl zu opfern.