Oder er ist selber latent schwul und hat sich damit nie wirklich abgefunden. Es ist ein nicht selten vorkommendes Phänomen, dass man Sachen, die man an sich selber nicht mag, an anderen umso heftiger kritisiert.
Dreht die Verantwortung so schön um. Plötzlich ist der Schuld, der anders ist. Man ist eben optisch eine Belästigung und der brave Bürger hat ja an sich nichts gegen dieses Gesindel, es soll sich seine Neigungen im Keller ausleben, dann ist alles OK.
Dort wurde er sehr massiv angegangen. Lange Haare bei Jungs war natürlich ein eindeutiges Zeichen der Verlotterung und für Terroristen.
Das mit der latenten Homophobie glaube ich nicht mehr dran, weil die sich von männlich-aussehenden Schwulen in ihrer Gegenwart gar nicht angewidert oder angemacht fühlen, oder es bemerken. Ich denke mal, das liegt an der Kleidung. Die hübschen Sachen ziehen die Blicke der Männer auf sich und dann sehen sie aber ein falsches Geschlecht in den Sachen, was darin nicht schön und von dem sie sich angeekelt fühlen. Darum wird wohl immer darauf verwiesen, es im Keller auszuleben, weil es an visueller Belästigung für Mitbürger grenzt, ähnlich wie wenn man als Mann nackt über den Markt läuft. Frauen stellen dagegen keine visuelle Belästigung dar. Also wenn man das schlanke Mädel mit dem trainierten schlanken Jungen nebeneinander stellen würde, wäre der Junge trotzdem eine visuelle Belästigung. Das Aussehen hat da bei Jungen und Männern keinerlei Auswirkung. Frauen können, je schöner sie sind, sich mehr herausnehmen.
Lange Haare bei Männern sehen tatsächlich etwas anders aus als bei Frauen. Ich weiß nicht, ob es an den Pflegeprodukten liegt, oder ob Frauen eine andere weichere seidigere Haarstruktur haben. Bei Männern sehen lange Haare auf "männliche" Art getragen tatsächlich oft wie verlottert oder der versprengte Professoren oder Metaler aus. Darum gibt es auch den Satz, der Bombenleger mit der langen Haaren. Eigentlich gilt langes und gesundes Haar als Inbegriff von Schönheit. Auch spiegeln die Haarlänge und die Beschaffenheit der natürlichen Mähne oft den Gesundheitszustand einer Person wider.
Bis auf die Barbaren war langes Haar in seiner Geschichte meist positiv besetzt. Der „Bombenleger“ findet seinen Ursprung im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne.
Wahrscheinlich ist vor allem die linksextremistische terroristische Organisation RAF ausschlaggebend für die Bezeichnung „Bombenleger“. Aus der einstigen Protestbewegung heraus entwickelte sich ein militanter Teil, der seinen Idealen und politischen Auffassungen folgend mehrere Anschläge, Geiselnahmen, Morde, Attentate und Überfälle verübte. Hier ist also von echten Bomben die Rede.
Im übertragenen Sinne war jedoch auch der gemeine Protestler und Revoluzzer der 60er-Jahre ein Brandstifter und Bombenleger. Ein Bombenleger im geistigen Sinne kann also auch jemand sein, der Denkverbote und Tabus kritisiert und alternatives Gedankengut propagiert. Das „langhaarig“ gesellt sich dazu, da man die allgemeinen Umbrüche in der Gesellschaft mit den oft langhaarigen Hippies und Gammlern in Verbindung brachte. Wer früher kurz geschorenes Haar hatte, gehörte zur Dienerschaft an oder zählte zu den Untergebenen. Langes Haar dagegen kennzeichnete eine Sonderrolle. Die Haarlänge wird gerne als Provokation genutzt, beispielsweise wenn die Haarpracht des Mannes länger ausfällt, als es im gesellschaftlichen Kontext aktuell gerade üblich ist. Bei Frauen ist es eher das Gegenteil. Kurzes Haar provozierte in der Vergangenheit gesellschaftskritisch und ist auch heute noch Zeichen von Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein.
Im Alten Testament finden die Nasiräer Erwähnung, welche durch ihr ungeschnittenes Haar ihre Bindung zu Gott demonstrierten. Differenziert wird jedoch an mancher Stelle zwischen den Geschlechtern. So sei es eine Ehre für die Frau, langes Haar zu tragen, jedoch eine Unehre für den Mann. So trugen Athleten, Gelehrte und auch Soldaten aus praktischen Gründen ihr Haar kurz. Im Römischen Reich sah man langhaarige Männer als Barbaren an. Die langen Haare waren damit negativ besetzt.
Viele Grüße
Jule