Mir kommen dabei zwei Fragen:
1. Wenn wir hier im Forum entgegen der aktuellen Rollenzuweisung als Männer Röcke tragen, die für Frauen reserviert sind, macht uns das dann auch „genderqueer“? Und werden Menschen umso „genderqueerer“ je strenger und enger das Rollenkorsett gechnürt wird?
Hallo Holger,
genderbending /= genderqueer. Genderqueere Menschen verorten sich einem sozialen Geschlecht. Bending heißt biegen, verkrümmen und nicht dass man hin ud her wechselt. Dafür gibt es andere Bezeichnungnen wie genderfluid oder transqueer. Obwohl darin auch kein willkürlicher Geschlechterwechsel inbegriffen ist. Der entsprechende Begriff, fällt mir von denüber 60 Variationen gerade nicht ein.
2. Wenn wir nicht aus Geschlechterrollen ausbrechen, sondern sie umschreiben würden, wäre man dann nicht mehr „genderqueer“?
Was würde das an dem Zustand ändern, dass Männer so und Frauen so und so aussehen, und jede'r der davon abweicht, schräg angeguckt wird?
Ich meine, Rollen sind willkürlich. Man kann sie ändern. Im Laufe der Geschichte wurden sie oft geändert.
Das stimmtso nicht. Zerstöre eine Kultur und Zivilisation, wo Menschen sich um's nackte Überleben kümmern müssen und guck dir an, wie die Rollen zugeteilt werden udn welche Rollen eher von Frauen und Männern übernomen werden. Kommt es zum Kampf, werden hauptsächlich Männer in den Kampf geschickt, um Frauen und Kinder zu beschützen. Es sieht auch trotz genderbending komisch aus, wenn ein 100kg Mann in die Arme einer 60kg leichten Frau heulend in die Arme fällt oder an ihrer Schulter Schutz sucht.
Röcke waren einst unisex. Auf Samoa tragen selbst Polizisten zur Uniform heute noch einen Rock. Kann etwas ernsthaft weiblich oder männlich sein, wenn man quasi per gesellschaftlicher Neuverordnung neue Rolleneigenschaften festlegt?
Bärenfell war auch unisex. Die Polizisten tragen auch keine Röcke, wie sie üblicherweise Frauen tragen. Das geht völlig an der Sache von gender- und transqueeren Menschen vorbei. Es gibt Dinge, die sehen an Frauen besser aus und es gibt wenige Dinge, die an Männern besser aussehen. Menschen, die dem einem oder anderen Geschlecht in ihrer Optik sehr nahe kommen, an denen wirkt es dann auch wieder stimmig, wenn sie Sachen vom anderen Geschlecht tragen. Weibliche Kleidung dient besonders für trans(queere) Menschen als Audrucksform und Identität, da sich nicht jede*r angleichen lässt. Wenn Männer nun hauptsächlich Frauensachen tragen würden, würde über die Zeit hinaus, den Trans*frauen negatives ergehen und ihr Frausein abgesprochen werden, weil es für die Allgemeinheit dann nur noch Männer in Frauensachen sind, wie sie selber.
Ist also die „genderqueerness“ ausschließlich die Reaktion auf gesellschaftliche Zwänge, die den Menschen und nicht das Geschlecht einengen?. Gibt es in einer freien Gesellschaft keine „genderqueerness“?
Wo gibt es eine völlig freie Gesellschaft? Die Kosmetikindstrie suggeriert auch Körperbilder und Schönheitsideale.
Nein. Genderqueer ist eine Einstellung. [..] Genderqueer bedeutet nicht, die eigene Box an einer Stelle zu erweitern, sondern es bedeutet das Aufgeben der Geschlechterrollen.
Hallo Joe,
Genderqueer ist nach meiner Aufassung keine Einstellung, wie vegan zu leben oder sowas, sondern eine Identitätsfrage. Vielleicht ist Vegetarismus aber auch eine Identitätsache? Man identifiziert sich ja mit etwas oder jemanden. Genderqueer ist nicht das Aufgeben von Geschlechterrollen, sondern dass durchmischen und betonen von Genderrollen, die jeweils dem anderen Geschlecht eingeschrieben sind. Das Aufgeben von Genderrollen ist non-binary.
Wenn der Druck höher wird, platzt das Gefäß schneller. Je strenger das Rollenkorsett, umso größer der Drang, es loszuwerden.
In vielen anderen Gesellschaften gibt es einen viel höheren Druck als bei uns.
Das "Phänomen" ist deutlich dort zu sehen, wo Menschen sich nicht um's essenzielle Überleben und Nahrungsbeschaffung kümmern müssen und Zeit haben, sich mit nicht-lebensnotwendige Dinge auseinanderzusetzen.
Gender und Aussehen müsste man erst einmal trennen. Wenn ein Mann einen Rock anzieht, bedeutet das nicht, dass er genderqueer ist, sondern erst einmal nur, dass er einen Rock anhat.
Gender ist Aussehen und hat sehr viel mit der äußeren Wahrnehmung zu tun.
Siehe Antwort auf Holger. Röcke verleihen für transqueere Menschen unabhängig ihres Körpers eine weiblche Identität und Rollenzuweisung. Wenn nun Cis-Männer daher kommen und sagen, dass habe nichts mit Weiblichkeit zu tun, weil sie Rock tragen wollen, macht man diese Menschen unsichtbar und beraubt sie ihrer ursprünglichen Indentität.
Warum jemand die zugewiesene Geschlechterrolle oder generell alle Geschlechterrollen ablehnt, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. [...] Denn die Ablehnung der Geschlechterrollen kann ja auch aus der Erkenntnis resultieren, dass die Menschen alle gleich sind oder aus der Erkenntnis, dass sie mehr Schaden anrichten als nutzen.
Meiner Ansicht kommt die Erkenntnis daraus, dass Männer und Frauen nicht gleich sind. Das geht schon bei der Körperform los und endet dort, wie man als Frau und wie man als Mann wahrgenommen wird. Ich trage Röcke und generell Kleidung von Frauen, weil ich damit das schönere und "bessere/saubere" Geschlecht verbinde. Frau zusein bringt eine Menge enormer Vorteile in unserer Gesellschaft. Es reicht sogar schon aus, phänotypisch einer Frau zu gleichen, um die nötige Akzeptanz zu erhalten, was Cis-Frauen zugestanden wird, aber nicht unbedingt auch Cis-Männern. Ein weiteres Indiz, dass Frauen und Männer nicht gleich sind und behandelt werden, sind Männer (und Cis-Frauen) die das durchaus entlarven, wenn ein Mann sich weiblicher Domänen und Privilegien bedient und aus diesen Gründen homo- und transphob darauf anspringen, weil sie selber aufgrund ihres Geschlechts schlechter behandelt werden und sehen das quasi als Verrat an, wenn sich eine*r daraus befreit.
Damit wird Trans*Frauen aber wieder unrecht getan, weil sie genau diesem Motiv bezichtig werden. Aus Österreich liest man oft von Männern, die sich darüber aufregen, dass es Männer*, also Trans*Frauen gibt, die sich nur deshalb "umbauen" lassen, um sich der Wehrpflicht zu entziehen und eher in Pension gehen und weibliche Privilegien wie Frauenquoten genießen zu dürfen. Da taucht nämlich wieder die Befürchtung auf, "Wo kommen wir denn hin, wenn jeder macht was er will?"
Ich würde mich durchaus auch als genderqueer bezeichnen, weil ich die Geschlechterrollen ablehne. Ich mache das aber nicht wegen des hohen gesellschaftlichen Drucks, sondern weil ich der Meinung bin, dass die Menschen alle gleich sind und nur unterschiedliche "Fahrzeuge" fahren, die Abschaffung der Geschlechterrollen mehr Verständnis füreinander bringen würde und vor allem, weil eine Genderbox die Möglichkeiten, Erfahrungen zu machen, künstlich und unnötig einschränkt. Und das ist nunmal der Sinn des Lebens... 
Du lehnst aber keine Geschlechterrollen ab, da du ständig dein Mannsein betonst und du weiterhin als Mann erkennbar bleiben möchtes. Du biegst deine Definition von Männlichkeit nur um, damit du eine Rechtfertigung für dein Tun hast.
Da wir unterschiedliche Fahrzeuge fahren, aber unsere inneren Maschinenteile (Organe) alle gleich sind, sind wir eben nicht gleich. Ein Bus ist auch ein LKW. In eine LKW passen aber nicht so viele Leute rein. So ist es mit den Geschlechtern. Männer werden für andere Zwecke eingesetzt als Frauen, weil ihr Fahrzeug (Körper) nicht gleich ist.
Er kleidet sich dann zwar nicht wie ein Mann das üblicherweise tut, aber das bedeutet ja nicht, dass er die männliche Rolle ablehnt. Genderqueer ist das Ablehnen der Geschlechterrolle und das kann sich beim Mann durch das Tragen eines Rocks zeigen, aber der Umkehrschluß ist eben nicht möglich.
vorher sagtest du noch, dass du durch dein Rocktragen Geschlechterrollen ablehnst. Jetzt sagst du, dass der Umkehrschluss nicht möglich ist.