Allerdings widersprechen die kurzen Hosen einem Männlichkeitsprinzip in der Kleidung. Ein Mann stellt seinen Körper nicht zur Schau. Dazu bräuchte man nämlich einen schönen anziehenden Körper, und das verbreitet akzeptierte Maß für Schönheit ist die (junge) Frau. Wenn Männer ihre Körperlichkeit betonen, dann in der Form, daß sie Körperkraft demonstrieren. Ansonsten wird er cool zugehängt mit groben Lumpen, damit das auch wirklich nicht schön, also auch nicht weiblich, aussieht.
Mit Lumpen zugehängt - treffender kann man den heutigen Streetwear bei Männern nicht bezeichnen.
Ich für meinen Teil halte es nicht für nötig, meine Männlichkeit mit Körperkraft zu betonen. Ich sehe darin keinen Sinn und wüsste auch nicht, was mir das bringen könnte. Anerkennung? Welche Anerkennung? Dass ich mich einem Rollenbild unterwerfe? Das ist nicht das Ziel, welches ich anstrebe. Ich strebe eher Individualität an, und möchte ich selbst sein. Mich gibt es kein zweites Mal.
Deshalb kleide ich mich nicht in Lumpen, sondern in angemessene Kleidung, die zu meinem Typ passt. Und was mir steht, muss ich ja wohl am besten selbst wissen, oder?
Scheinbar aber wissen viele Männer es nicht. Entweder sie lassen sich von ihrer Partnerin einkleiden (Das Ergebnis sieht meist genauso unmöglich aus, wie ich schon erfahren musste) oder gehen zum Herrenausstatter. "Herrenausstatter" bedeutet ja auch, dass der Mann nicht selbst entscheidet, was er anzieht, weil der Herrenausstatter das schon macht.
Ob kurze Hosen meine Männlichkeit unterbinden, ist mir also schnurz. Ich erlaube es mir, soviel Haut zu zeigen wie es mir beliebt - unabhängig von Go's und Nogos.
Ist ja nicht, dass ich ein zotteliger furzender und rülpsender Schmiertyp mit Bierwampe bin, der ungeduscht in fleckigem Unterhemd nach Stinktier, Neandertaler und nassem Hund müffelnd rumläuft. (Kein Witz! Es gibt tatsächlich auch Frauen, die auf sowas stehen. Hat wohl angeblich auch was "Männliches....)
Männlich und weiblich ist in erster Linie einfach nur sexuelle Ausrichtung und hat mit Mode eigentlich wenig zu tun, wenn man mal von der unterschiedlichen Anatomie der Geschlechter absieht.
Von daher führe ich die irrsinnigen konventionsbedingten Einschränkungen beim Mann ad absurdum.
Jeder spricht von Gleichberechtigung. Das ist auch gut so. Aber dann, bitteschön, soll diese nicht in einer Einbahnstrasse verlaufen. Ein Mann hat ebenso das Recht, sich nach seinem persönlichen Stil zu kleiden, wie eine Frau.
Frauen haben auch nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen, was Mode betrifft. Aktuell bei GoFeminin eine Frage "Was anziehen zu einer Bad-Taste-Party?", gestellt von einer Frau.
Meine Antwort: Bad-Taste-Party sehe ich jeden Tag auf unseren Strassen, setze Dich in einen Biergarten und beobachte die Leute. Da hast Du in wenigen Minuten genug Anregungen zu ner Bad-Taste-Party!
Ein Rätsel bleibt mir aber immer noch: Bei Themen im Web bzgl Mode beim Mann "Beweisen Sie Stil" kommt es fast immer aufs gleiche heraus: Anzug. In mehr oder weniger leicht veränderter Form, aber es ist und bleibt immer beim Déjä-Vu hängen, was ich bereits vor 20 jahren in Modezeitschriften gelesen hatte.
Da trifft es die Bezeichnung "festzementiertes Rollenbild" wirklich zu.