Ich habe einen Artikel über Van Ness gefunden, wo er auch etwas aus seiner Kindheit berichtet:
"... „Ich erinnere mich noch genau daran, wie mein Vater mich mit meinen beiden Cousinen in einem Abendkleid fand“, sagt er. „Er riss mich aus dem Kleid und hielt mich in die Luft, sodass ich senkrecht zum Boden stand. Ich hatte schreckliche Angst.“ "
https://www.theguardian.com/tv-and-radio/2019/sep/22/ive-finally-put-my-life-together-jonathan-van-nesss-rise-to-inspirational-star
Tja, so wird der Druck von einer Generation auf die nächste weitergereicht. Alles aus der fürchterlichen Angst heraus, der Stammeshalter könnte vielleicht später doch nicht der Stammeshalter werden.
Ich glaube, eine Reihe solcher mehr oder weniger starken Schlüsselerlebnisse und eine Reihe weiterer subtiler Maßnahmen zwingen uns, unverändert und fast fraglos die männlichen Rollenbilder auszuüben, wie sie unsere Altvordersten schon beflissentlich befolgt haben. So wird die Befreiung der Männlichgeborenen auf Dauer behindert.
Zum Kleid und zum im Startbeitrag verlinkten Artikel:
Nach einer halben Schrecksekunde fand ich das grüne Kleid eigentlich gar nicht so schlecht. Da spielen bei mir sicherlich schon ein paar Sehgewohnheiten mit, die ich mir durch vereinzelte Forumskollegen hier erarbeitet habe. Die wichtigsten Beteiligten haben sich ja bereits hier gemeldet.
Ich persönlich würde mich in diesem Kleid nicht wohlfühlen. Es ist - selbst mir! - zu ausgeschnitten. Zudem bin ich keinerlei Fan von allzuviel asymmetrischen Lösungen, speziell im Schulterbereich. Und zudem hätte ich Angst, dass es bei einer falschen Bewegung oder einem Moment der falschen Haltung einfach so an meinem Oberkörper runtergleiten würde. Und ausserdem wäre alles, was schleift, selbst zum Zwecke der Abendgarderobe mir zu lästig.
Ich erlaube jedem, der mit diesen Contras umgehen kann, sich in dieser Bekleidung wohlzufühlen. Und Jonathan Van Ness - erstaunlich, wie viele Promis mir überhaupt nichts sagen! - gibt meiner Meinung nach und mit meinen bereits geprägten Sehgewohnheiten gar nicht so ein schlechtes Bild ab.
Jedenfalls nicht so schlecht, wie die Autorin des Artikels es beschreibt. Die sehr neutralen, ja positiv wirkenden Tipps, die sie uns Männern abgibt, sind dennoch nicht von der Hand zu weisen.
Und wir, die wir alle hier aus teils unterschiedlichen Beweggründen Alternativen zu Hosen an Männern begrüßen, stellt sich dieser Artikel sehr wohlwollend und positiv dar.
Andererseits kann ich mir vorstellen, dass der Artikel dazu geeignet ist, für jeden das herauszulesen, was er aufgrund seiner Grundhaltung zum
Thema Mann und hosenloser Alternative erwartet. Ich glaube, Männer, die diesem Thema kritisch gegenüber eingestellt sind, lesen den Artikel als eine Art von Satire. Jemand, der nicht offen ist, seine Bekleidungsvielfalt potentiell erweitern zu wollen, wird hier nicht die Botschaft herauslesen, dass es okay ist, als Mann ein Kleid zu tragen, sondern dass er es verdammt noch mal auf immer und ewig sein lassen soll, so "wie es sich gehört". Glaube ich.